Wie du bei Autoimmunerkrankungen mit dem richtigen Maß an Bewegung und Sport deinen Körper unterstützen und dein Wohlbefinden deutlich (!) steigern kannst
Wir leben in einer Welt von Sitzenbleibern und Bewegungsmuffeln. Ganz ehrlich, gehörst du zu den Ausnahmen? Natürlich haben wir immer viel zu tun! Aber sind wir wirklich ständig so gestresst und haben einfach keine Zeit für Bewegung und Sport? Oder ist das nicht eher eine Frage der Motivation? Da ist ganz sicher etwas dran!
Mit einer Autoimmunerkrankung im Gepäck hält sich dein Bewegungsdrang ohnehin in Grenzen? Dann solltest du dich fragen, ob du von etwas mehr Bewegung nicht doch deutlich profitieren könntest.
Vom evolutionsbiologischen Standpunkt aus betrachtet muss man klar feststellen, dass unser Körper an eine täglich wiederkehrende, moderate und auch andauernde Belastung angepasst ist.
Vor 10.000 Jahren hätte jeder von uns in der Lage sein müssen, täglich über mehrere Stunden in der Natur umherzustreifen. Auf der Suche nach Nahrung hätten wir täglich natürliche Hindernisse wie Bäche, Gräben, Gesteinsformationen oder dichte Vegetation zu überwinden gehabt.
Hin und wieder wäre es auch notwendig gewesen, schnell die Flucht zu ergreifen. Manchmal hätten wir uns körperlich gegen Angreifer zur Wehr setzen müssen. Um einem Tier nachzustellen oder einen Unterschlupf zu finden wären wir gerne etwas gelaufen, geklettert, gesprungen und gelegentlich vielleicht etwas geschwommen.
Um satt zu werden, müssen wir das alles heute aber nicht mehr tun, wirst du vielleicht denken. Genau hier liegt das Problem. Nur wenn wir unseren Körper tagtäglich in einer Art und Weise bewegen und pflegen, wie es unser genetisches Programm vorgesehen hat, werden wir einen agilen und belastbaren Zustand erreichen und vor allem langfristig erhalten können. Das nennt man dann gesund.
Wer eine Autoimmunerkrankung (AI) hat, muss sich in besonderer Weise um seine Gesundheit kümmern. Dabei ist es natürlich notwendig, die Symptome und Einschränkungen durch diese AI zu berücksichtigen. Dies bedeutet aber nicht den eigenen Körper bis zur kompletten Degeneration ruhig zu stellen. Je nach Art und Schweregrad der Einschränkungen kann jeder Autoimmunerkrankte durch ein geeignetes Maß an Bewegung dazu beitragen, langfristig gesund zu werden und zu bleiben.
In den vergangenen 10.000 Jahren hat sich die Biologie unseres Körpers praktisch nicht verändert. In den Maßstäben der Evolution ist diese Zeitspanne nur ein Wimpernschlag. Doch unsere Lebensrealität ist heute tatsächlich eine vollkommen andere. Das ist nicht in jeder Hinsicht ein Seegen!
Wir verbringen unseren Tag überwiegend sitzend. Bei einem Schreibtischarbeiter sind es täglich 11 Stunden. Im Mittel sind es an einem gewöhnlich Werktag noch immer 7 Stunden, für jeden von uns!
Dafür bezahlen wir nicht nur mit Übergewicht und seinen Folgen, sondern vor allem mit einem deutlichen Verlust an Muskelkraft und Knochendichte. Die Mehrheit aller Arbeitsunfähigkeitstage in Deutschland geht auf das Konto von Muskel- und Skeletterkrankungen. In bezeichnender Weise heißt es heute sogar:
Sitzen ist das neue Rauchen
In unserer modernen Welt müssen wir plötzlich die Zeit für körperliche Aktivitäten extra einplanen. Noch herausfordernder scheint, dass wir uns zur Bewegung motivieren müssen.
Wandern, Schwimmen, Joggen, ein Training mit Widerständen wie Gewichten oder Bändern sind unsere modernen Entsprechungen der steinzeitlichen Belastungsformen. Radfahren oder Rudern sind alltagstaugliche und praktische Ergänzungen dazu.
Doch es ist ziemlich offensichtlich, dass eine weitestgehende Ruhigstellung unseres Körpers ganz allgemein nicht gesund ist.
Wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse zum Einfluss von Bewegung auf den Verlauf von Autoimmunerkrankungen gibt es leider kaum. Das Interesse der Forschung ist scheinbar noch eher gering.
Die Vielzahl an Erkrankungen, die mit Bewegungsmangel einhergehen sind hinlänglich bekannt. Die Auswirkungen auf einen autoimmunkranken Körper bilden da keine Ausnahme.
Wer sich nicht oder kaum bewegt, riskiert neben einem deutlichen Übergewicht auch Herz-Kreislauf-Beschwerden, Typ-2-Diabetes und eine geringe Knochendichte. Darüber hinaus gehen häufig Depressionen und eine geringe Stressresistenz mit Bewegungsmangel einher. Einige dieser Symptome kennen Autoimmunerkrankte leider auch unabhängig von ihrem Bewegungsausmaß.
Sicher ist, dass eine weitere Verschlimmerung deines Gesundheitszustandes durch zu wenig Bewegung deinen Weg hin zur Remission in keinem Falle unterstützen wird. Du hast also genügend gute Gründe, um dich regelmäßig zu bewegen!
Möchtest du deine Autoimmunerkrankung in die Remission bringen, dann solltest du bei der Suche nach den möglichen Auslösern und deiner Sorge um eine gesunde Ernährung nicht vergessen, dass Bewegung einen enormen Einfluß auf den Zustand deines Körpers hat. Das kannst du tagtäglich fühlen!
Jeder von uns sollte ein starkes Bedürfnis haben die eigene Gesundheit so gut wie möglich zu fördern. Körperliche Bewegung gehört ohne jeden Zweifel dazu! Müssen wir deshalb jeden Tag in ein Fitnessstudio gehen und uns bis zur vollkommenen Erschöpfung quälen? Nein, natürlich nicht! Das hätten wir vor 10.000 Jahren auch nicht freiwillig getan.
Körperliche Anstrengung und Erholung müssen in Balance sein
Wer eine Autoimmunerkrankung hat muss darüber hinaus besonders darauf achten, es mit einem Training nicht zu übertreiben. Wieviel Bewegung ist also notwendig? Welches Maß ist zu viel?
Diese Frage ist nicht pauschal zu beantworten, da die Belastungsintensität sehr vom aktuellen Zustand deines Körpers abhängt.
Was für den einen ein regeneratives und lockeres Training darstellt, kann für einen anderen eine absolut erschöpfende Belastung bedeuten. Besonders wichtig sind in diesem Zusammenhang auch ausreichende Erholungszeiten.
Mäßig, aber regelmäßig
Dein Ziel ist es, deine Gesundheit zu verbessern. Es geht also weder um ein Schönheitsideal noch um sportliche Höchstleistungen!
Statt dessen steht eine moderate körperliche Belastung im Vordergrund. Ein gutes Beispiel dafür ist ein zügiges Gehen über mindestens 10 Minuten. Du solltest dich dabei noch gut mit einer anderen Person unterhalten können!
Regelmäßigkeit ist sehr wichtig! Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt 150 Minuten moderater Belastung pro Woche. Das entspricht etwa 21 Minuten am Tag. Die minimale Belastungsdauer sollte dabei nicht weniger als 10 Minuten betragen.
Diese Investition von 21 Minuten täglich erscheint nicht all zu groß. Doch leider erreichen laut DKV-Report 2016 weniger als die Hälfte der Deutschen diese Mindestanforderung, ganz unabhängig davon, ob sie eine Autoimmunerkrankung haben oder kerngesund sind. Ein Drittel aller Frauen und Männer sind in ihrer Freizeit gar nicht aktiv.
Für dich ist es also wichtig, überhaupt erst einmal ein Bewusstsein für eine regelmäßige Pflege deines Körpers in Form von Bewegung zu entwickeln. Nutze die kleinen Gelegenheiten im Alltag und bewege dich soviel es eben geht!
Gehe zu Fuß, wann immer es dir möglich ist. 10.000 Schritte pro Tag sind ein erstrebenswertes Ziel. Wer ein iPhone besitzt, kann ganz einfach die Health-App nutzen, um die tägliche Anzahl der Schritte zu verfolgen.
Fitness-Tracker sind ebenfalls sehr nützliche kleine Helfer. Neben dem reinen Schritte zählen messen sie auch die Distanz und ermitteln die verbrauchten Kalorien.
Vielleicht kannst du auch einige Wege mit dem Fahrrad zurücklegen. Wenn es dein Gesundheitszustand zulässt, dann lasse keine Treppe aus. Im Sommer laden unsere Gewässer auch zum Schwimmen ein. Das alles kann man sofort und überall umsetzen.
Grundsätzlich kannst du auch ein sanftes Yoga praktizieren, mit Widerstandsbändern arbeiten oder sogar ein moderates Fitnesstraining mit Gewichten machen. Das hängt ganz von deinem augenblicklichen Gesundheits- und Fitnesszustand ab.
Als Personal Trainer rate ich dir natürlich dazu, dich von einem Trainer zumindest beraten, wenn nicht sogar coachen zu lassen.
Bewegung und Sport sollten keinen Stress auslösen
Die Dosis macht das Gift. Vermeide also erschöpfende Trainingseinheiten. Die Bewegung soll dir gut tun und darf auch gerne Spass machen. Oft ist ein Trainings- und Gesprächspartner sehr hilfreich.
Wenn du einen Schub hast, dann ist Sport für dich tabu. Dein Körper braucht dann Ruhe! Sobald es dir besser geht, solltest du aber wieder zu deiner Routine zurückkehren. In den Morgenstunden ist dein Körper hormonell übrigens besonders gut auf körperliche Belastung eingestellt.
Wenn du bereits längere Trainings absolvierst oder intensiv einen Sport betreibst, dann solltest du auf ausreichende Regeneration achten. Anhaltende Erschöpfung, Gereiztheit, Bewegungsunlust, Kraft- oder Gewichtsverlust sind gegebenenfalls Anzeichen eines Übertrainings. Dann ist weniger mehr und eine Pause angezeigt!
Während und unmittelbar nach einem intensivem Training zeigt das Immunsystem eine erhöhte Aktivität. In der Erholungsphase sinkt diese dagegen unter den ursprünglichen Level. Nach 24 Stunden lassen sich in der Regel aber keine signifikanten Änderungen des Immunsystems mehr nachweisen.
Die Intensität deines Trainings ist entscheidend für die Wirkung auf deinen Körper im Allgemeinen und auf deine Autoimmunerkrankungen im Besonderen. Dauerhaft zu intensives Training kann sogar ein Leaky Gut Syndrom auslösen!
Sabrina hat beispielsweise mit der Durchführung des Autoimmunprotokolls auf die Fortsetzung ihrer intensiven Lauf- und Fitnesstrainings verzichtet. Statt dessen praktiziert sie wieder sanftes Yoga und bewegt sich viel im Alltag, wahrscheinlich sogar mehr als vor dem AIP.
Entscheidend dabei ist, dass Sabrina sehr darauf achtet sich nicht zu erschöpfen. Alle Bewegungen sind moderat. Wenn ihr Körper signalisiert, dass er keine weitere Belastung verträgt, dann lässt Sabrina ein geplantes Training sausen, ohne wenn und aber. Mit diesem Ansatz fühlt sich Sabrina bisher auch im AIP sehr wohl.
Achte auf dein Körpergewicht und strebe ein Normalgewicht an
Das Ausmaß deiner täglichen Bewegung hat entscheidenden Einfluss auf deinen Energieverbrauch und damit auf dein Körpergewicht.
Nicht wenige Menschen mit Autoimmunerkrankungen haben ein zu hohes Körpergewicht. Gleichwohl gibt es auch Fälle, in denen ein starker Gewichtsverlust und Untergewicht auftritt.
Diese Empfehlung richtet sich an alle, die ihrem Körpergewicht bisher nicht ganz so viel Aufmerksamkeit gewidmet haben: nimm ab!
Übergewicht tut niemandem gut! Dein Körper hat schon genug damit zu tun, mit einer oder sogar mehreren Autoimmunerkrankungen fertig zu werden. Belaste ihn nicht zusätzlich mit den Folgen von Übergewicht.
Körpergewicht reduzieren bedeutet ganz konkret den Körperfettanteil zu senken. Mit Hilfe einer Körperanalysewaage kann man den eigenen Körperfettanteil einfach und ausreichend genau bestimmen. Mit dieser Möglichkeit des Monitoring kannst du einfacher daran arbeiten, ein optimales Verhältnis von Muskelmasse zu Fettgewebe zu entwickeln.
Die Grundlagen des Autoimmunprotokolls (AIP) liegen in der Paleo-Lebensweise. Die empfohlene Ernährung im AIP ist durchaus sehr gut geeignet, das Körperfett zu reduzieren. Ausreichende Bewegung ist nicht nur ein Grundpfeiler des Paleo-Lifestyle sondern auch eines gesunden Körpermassenverhältnisses.
Vitalität und Gesundheit spiegeln sich schließlich im gesamten Erscheinungsbild eines menschlichen Körpers. Ein kritischer Blick in den Spiegel verrät bereits, ob du das richtige Körpergewicht hast.
Bewegung hat dir unglaublich viel zu bieten
Regelmäßige Bewegung stabilisiert deinen Kreislauf, aktiviert deinen Stoffwechsel, unterstützt deine Verdauung, kräftigt Muskeln und Skelett, hebt die Stimmung, reguliert dein Körpergewicht, fördert einen guten Schlaf und, und, und. Bewegung im Freien hilft darüber hinaus, ausreichend Vitamin D zu bilden.
Es gibt also viel gute Gründe für regelmäßige Bewegung und Sport.
Aller Anfang ist schwer
Deine Autoimmunerkrankung nimmt ganz sicher Einfluss auf deine Möglichkeiten und Fähigkeiten. Doch ein Grund zur Untätigkeit ist sie nicht. Bewege dich soviel du kannst, moderat und regelmäßig.
Eigenmotivation und Selbstdisziplin sind dabei große Hürden. Die überwältigende Mehrheit von uns hat große Probleme damit, sich zu Bewegung und Sport zu motivieren.
Auch viele aktive Sportler kennen das gut. Was sie von den Untätigen unterscheidet ist die Erfahrung, dass sie sich nach dem Training besser fühlen als vorher und dass sie sich in einem leistungsstarken Körper generell wohler fühlen und insgesamt weniger anfällig für Krankheiten sind.
Du kannst dir heute vielleicht nicht vorstellen, mehrmal in der Woche ein Training zu absolvieren. Doch bereits in wenigen Wochen und Monaten lassen sich enorme körperliche Fortschritte erzielen. Je regelmäßiger man eine Herausforderung annimmt, desto eher wird sie zur Normalität! Ich wünsche dir viel Freunde in der Bewegung!
N E W S L E T T E R
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Wunderbarer Artikel. Mir ist schon mehrfach aufgefallen, dass bei den auch ausführlichsten Autoimmunprotokollen gerne die Bewegung vergessen wird. Ich wusste schon vor meiner Diagnose (Hashi & Fybromyalgie), dass tägliche Bewegung drastisch meine Schmerzen & Symptome reduziert – zeitweise auf Null. (Hätte ich nicht geschludert – wer weiß, ob es dann überhaupt zur Diagnose gekommen wäre)
Evtl. könnte zwischen „Bewegung“ und „Sport“ bzw. einem intensiven Training noch etwas differenziert werden.
„Wenn du einen Schub hast, dann ist Sport für dich tabu. Dein Körper braucht dann Ruhe!“
Dem kann ich nämlich nur teilweise zustimmen. Sport und einen hohen Puls kann ich da nicht gebrauchen, richtig! Aber bei meinem letzten Schub hatte ich temporär das doppelte der normalen Schilddrüsenhormone im Blut. 20 Minuten moderate Bewegung ( zügiges Gehen) haben mir hier geholfen überhaupt Schlafen zu können, da ich sonst wach dalag – einerseits Todmüde, andererseits mit dem dringenden Bedürfnis um den Block zu Rennen. Dafür bin ich sogar Nachts auf den Trainer, wenn ich wach wurde.
Liebe Sonja, vielen Dank für diesen interessanten und sehr persönlichen Kommentar. Wir wünschen dir eine gute Gesundheit! 😉
Sehr guter und ermutigender Artikel!